Forschungsprojekte
Mikro- und makroevolutive Prozesse
Ein Kernthema ist die Unterscheidung zwischen mikroevolutiven und makroevolutiven Prozessen, indem der Fokus auf genetische Drift sowie Selektion gelegt wird. Hierdurch werden Einheiten (Evolutionarily Significant Units (ESUs)), die signifikante Unterschiede in der life history, evolutiven Adaption und Adaptionsgrenzen zeigen, definiert und somit zwischen evolutiver Adaption und physiologischer Akklimatisation (phenotypic plasticity) differenziert. Um genetische Diskontinuitäten und deren Korrelationen mit Umweltcharakteristiken darzustellen, werden Populationsstrukturen unter Berücksichtigung von Migration-Drift vs. Mutation-Selektion anhand von Methoden der Landscape Genetics bewertet. Dies beinhaltet molekulargenetische Analysen der Sozialstruktur und Dynamik von Populationen in Raum und Zeit um den natürlich-vorkommenden und/oder anthropogen-bedingten Einfluß auf zufällige oder gerichtete Änderungen der Genfrequenzen zu bestimmen. Spezifische populationsbasierende und phylogenetische Methoden sowie Versuchsdesigns für selektive (z.B. SNP/EST) und nicht-selektive (z.B. Mikrosatelliten) DNA-Marker sind vorhanden und falls nötig durch next-generation-sequencing Technologien effektiv entwickelbar. Gerade im Bereich der Renaturierungsökologie, sowohl für terrestrische als auch aquatische Systeme, ist dieses Kernthema bedeutsam und führt durch die Verknüpfung von genetischen und ökologischen Daten dazu, daß ein tiefes Verständnis zur Bionomie, Biozönologie und Biodiversität in anthropogen beeinflußten Umwelten erarbeitet werden kann. Dieser integrative Datensatz wird neue Einblicke in die Interaktionen von Arten (Genomen) und Umwelten über verschiedene Ebenen der biologischen Organisation liefern, wodurch sich unser Verständnis der Begriffe Evolution und Ökologie unter Berücksichtigung des Aspektes der globalen Veränderung verfeinert. Die globale Veränderung kann hierbei sehr facettenreich sein und reicht von der land- und forstwirstschaftlich-bedingten Habitatfragmentierung über vielfältige Umweltverschmutzung bis hin zu invasiven eingeführten Arten. Abhängig von den life-history-Strategien der betrachteten Arten kann die globale Veränderung mikro- als auch makroevolutiven Einfluß haben. Anhand von Kreuzklassifikationsanalysen der genetischen Daten lassen sich die Effekte des anthropogenen Einflusses auf verschiedene Arten analysieren, über Rangordnungsanalysen validieren, sowie mittels Zeitreihen die genetische Antwort der Arten erfassen. Aus diesen Datensätzen entwickelt sich ein Verständnis welchen Einfluß der Mensch auf mikroevolutive und makroevolutive Prozesse hat und welche Maßnahmen nötig sind diese Einflüsse zu minimieren. Weitaus komplexer wird dies bei Betrachtung von Wirt-Parasiten Systemen (z.B. Perlmuschel-Bachforelle) und multitrophischen Interaktionen.
Fortpflanzungssystem, sexuelle Selektion und Adaptionsgeschwindigkeit
Der Zusammenhang zwischen genetischer Qualität, Fortpflanzungssystem und sexueller Selektion im Kontext von Evolution, Adaption und Adaptionsgeschwindigkteit ist von großer Bedeutung um die Mechanismen der Evolution und die Genomantwort von Organismen und Populationen auf globale Veränderungen zu verstehen. Um sich der Frage zu stellen, welchen Einfluß verschiedene Fortpflanzungssysteme auf Adaption und Adaptionsgeschwindigkeit haben bedarf es fundierter Tiermodelle. Eine Gruppe von Schwesterarten in gleichen Habitaten vorkommend, zeigen gruppenspezifisch Parthenogenese, Hermaphrodismus und zweigeschlechtliche Fortpflanzung und liefern somit die Voraussetzung für diese Fragestellung. Die Erfassung genetischer Daten erfolgt über Genotypisierung und Sequenzierung selektiver und neutraler DNA-Marker. Pedigree-, individuen- und populationsbasierte genetische Parameter werden multifaktoriell mit Kenngrößen zur Fitness verschiedener Umweltbedingungen und Zeitpunkte korreliert, um Zusammenhänge zwischen Fortpflanzungsystem, Adaptionfähigkeit und Adaptionsgeschwindigkteit zu erfassen. Diese Grundlagenforschung umfaßt physiologische, verhaltensbiologische und genetische Aspekte und liefert einen Beitrag zum Verständnis vom Zusammenspiel genetischer und sozialer Mechanismen im Gesamtkomplex Evolution und Adaption.
Gene, Genregulation und Darwinsche Fitness
Die Identifikation von Genen, die den Phänotyp regulieren welcher die Variation der Darwinschen Fitness in Organismen und Populationen unterschiedlicher ESUs bedingt, ist eine wichtige Aufgabe der Molekularen Zoologie. Methoden der "gene discovery" wie "microarrays", "gene hunting" und "differential expression analysis", werden von Modeltierarten auf natürliche Experimente übertragen. Wichtige "next-generation genomic" Technologien (microarray, next-generation-sequenzing, qRT-PCRarray) werden von Modeltierarten auf natürliche Populationen übertragen, um relevante Kandidatengene kosten- und zeiteffektiv zu etablieren. Genexpressionsprofile geben Einblicke in die unmittelbare Genomantwort von Organismen auf natürliche und anthropogen bedingte Einflüsse. Die Bedeutung von Ökologischer Valenz und Anpassung an globale Veränderungen wird ein tiefes Verständnis erfahren. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Erfassung des Einflusses verschiedener Formen der Umweltverschmutzung. Diese Forschungsrichtung wird an r-strategischen Organismen aquatischer und terrestrischer Systeme unter kontrollierten Laborbedingungen durchgeführt.
Co-adaptive Genom-Genom Interaktionen
Genexpressionsprofile von Wirt-Parasiten Systemen verschiedener genetischer Linien (z.B. Perlmuschel (Parasit) – Bachforellenstämme, Lachs und Huchen (Wirte)) werden das Verständnis der co-adaptiven Genom-Genom Interaktionen erweitern und einen Beitrag zur Dynamik der Transkriptomantwort in einem co-evolutiven System leisten. Diese Dynamik liefert Erkenntnisse zur Regulation co-evolutiver Lebenszyklen. Hierbei werden Ziele der artfokusierten Renaturierungsökologie verfolgt, als auch Erkenntnisse zur differenzierten Immunantwort, die eine Bedeutung in der Pathologie und Physiologie haben, erarbeitet.
Evolutive Aspekte physiologischer Abläufe
Einige biologische Eigenschaften von Tierarten haben eine direkte Bedeutung in der Humanmedizin. Das Verständnis, zum Beispiel, des genomisch-evolutiven Hintergrundes der physiologischen Abläufe bei Winterschlaf oder des Geweihwachstums kann in der medizinischen Forschung Verwendung finden. Der Einsatz von next-generation transcriptomic Technologien ist hier zielführend. Grundlagenforschung in diesem Bereich erfordert kombinierte Informationen zu Genen, Transkripen und Proteinen mit Stoffwechselprofilen von evolutiv verwandten Organismen in einem definierten physiologischen Zustand. Integrative Studien in Zusammenarbeit mit physiologisch und medizintechnisch orientierten Forschungseinheiten bieten die Möglichkeit dieses hochinteressante Forschungsfeld zu bearbeiten