Ökologie des Großen Amerikanischen Leberegels

Seit 2019 untersucht die die Arbeitsgruppe Wildbiologie und Wildtiermanagement der Technischen Universität München im Grenzgebiet zwischen Oberpflaz und Oberfranken das Vorkommen des Großen Amerikanischen Leberegels Fascioloides magna in einer Rotwild-Population. Neben Rotwild tritt er in Europa auch bei Dam-, Reh-, Sika- und Schwarzwild auf (Malcicka, 2015). 

 

 

Ziel des Projektes ist ein Monitoring der Befallsrate mit dem Großen Amerikanischen Leberegel bei Rot-, Reh- und Schwarzwild durchzuführen als Grundlage für die Ableitung von jagdlich kurativen und präventiven Managementmaßnahmen sowie der Ermittlung des ursprünglichen Infektionsherdes für die lokale Rotwildpopulation.

 

Projektleitung: Prof. Dr. Andreas König

Projektbearbeitung: Christian Ehrmantraut, Tierarzt, Dipl. Biogeograph

Fascioloides magna, Ursprung und Wirte

Fascioloides magna ist das nordamerikanische Pendant zu Fasciola hepatica, dem europäischen Großen Leberegel. Der Große Amerikanische Leberegel wurde 1865 mit Wapitis nach Norditalien in das Gatter „La Mandria“ bei Turin (Kralova-Hromadova et al., 2011; Marincultic et al., 2002) eingeschleppt. Gegen 1910 wird der Egel mit Weißwedelhirschen und Wapitis nach Böhmen und Mähren in Tschechien (Kasny et al., 2012; Kralova-Hromadova et al., 2011; Ullrich, 1930) eingeführt und gelangt von dort in die Slovakei (Erhardova-Kotrla und Kotrly, 1968; Kralova-Hromadova et al., 2011). Von Tschechien kommend breitete sich der Parasit durch den Verkehr mit infiziertem Rotwild sowie durch Zuwanderung nach Ungarn (Majoros und Sztojkov, 1994; Nagy et al., 2018), Österreich (2000) (Hörweg et al., 2012; Sattmann und Hörweg, 2006) und ab 2000 nach Kroatien (Konjevic et al., 2018; Marincultic et al., 2002) und Serbien (Malcicka, 2015) aus. Tschechien kann derzeit als Quellgebiet für diesen Leberegel gesehen werden, der sich von hieraus in alle Richtungen, besonders nach Deutschland und Polen ausbreitet (Kasny et al., 2012; Novobilsky et al., 2007). Von Veterinärseite wird bemängelt, dass das Problem des Großen Amerikanischen Leberegels in Tschechien unterschätzt wird (Kasny et al., 2012). Es verwundert nicht, dass fast Zeit gleich 2015 aus Polen (Demiaszkiewicz et al., 2015), im Bereich der polnisch-tschechischen Grenze, der Befall von gegattertem Damwild sowie aus Bayern, ebenfalls aus dem Grenzbereich zur Tschechien, der Befall von gegattertem Rotwild bei Flossenbürg  (Plötz, 2015) berichtet wird.

In Mitteleuropa gelten Rot- und Damhirsche als Endwirte sowie Rind, Haus- / Wildschwein und Sikahirsch als Sackgassenwirte. Reh und Hausschaf treten im Kreislauf des Großen Amerikanischen Leberegels in Europa als Irrwirte auf. In Endwirten durchläuft der Egel seinen normalen Lebenszyklus und führt in Mitteleuropa zu einer erheblichen Mortalität. Irrwirte sterben in kurzer Zeit, da die unreifen Egel durch das Leberparenchym wandern und dieses dabei zerstören. In Sackgassenwirten vollzieht der Egel seine normale Entwicklung mit der Einschränkung, dass er keine Eier in die Umwelt ausscheiden kann (Erhardova-Kotrla und Kotrly, 1968; Malcicka, 2015).

Mit dem Kot der Endwirte werden die Eier in die Umwelt ausgeschieden. Gelangen Eier in günstige Umweltbedingungen wie ein wässriges Milieu in sumpfigem Gelände oder entlang von Gewässern (Deplazes et al., 2013; Dunkel et al., 1996; Pybus et al., 2015; Vanderwaal et al., 2015) sowie Tagestemperaturen zwischen  + 15 (10)°C und 30°C, können sich aus den Eiern in einem Zeitraum von 4 bis 7 Tagen Miracidien entwickeln (Malcicka, 2015). Diese müssen innerhalb von ein bis zwei Tagen einen geeigneten Zwischenwirt, in Europa meistens die Zwergschlammschnecke Galba truncatulla (Haider, 2010; Hörweg et al., 2012) finden und in diese eindringen. Aus jedem Miracidium entwickeln sich in einer Schnecke 300 bis 600 (1000) Zekarien (Mulvey et al., 1991). Sie werden von der Schnecke ins Wasser ausgeschieden. In den Donauauen bei Wien reichte eine Befall von 0,03 % bis 0,2% der Zwergschlammschnecken um einen Befall zwischen 20% und 100% bei Rotwild zu verursachen (Sattmann et al., 2014). Eine Bekämpfung der Schnecke um die Befallsrate bei Rotwild zu senken ist somit zwecklos.

Größenentwicklung von Fascioloides magna, verändert nach (Foreyt und Todd, 1976a)

Entwicklung des Egels

Sobald die Zekarien sich an eine Pflanzen anhaften, verlieren sie ihren Schwanz und wandeln sie sich zu infektiösen Metazekarien (Dunkel et al., 1996). Werden diese infektiösen „Metazekarien“ durch Rotwild aufgenommen, dauert es 31 Wochen bis sich aus einer Metazekarie ein adulter, geschlechtsreifer Egel in der Leber eines Endwirtes entwickelt hat.

 

 

 

 

Bohrgänge (schwarz) und Pseudozysten in einer Rotwildleber

Nach einer Wanderung der juvenilen Stadien durch das Leberparenchym, werden die Egel im Endwirten in dünnwandige Pseudozysten (Plötz, 2015) eingeschlossen, wo sie die Geschlechtsreife erreichen. Im Durchschnitt sind die Egel dann ca. 30 mm lang.

Die Pseudozysten haben Verbindungen zu den Gallengängen, über die die Egel ihre Eier ausscheiden (Plötz, 2015; Sattmann und Hörweg, 2006).

Großer amerikanische Leberegel mit unterschiedlichen Größen und Entwicklungsstadien

Adulte Leberegel können zwischen 8 und 10 cm lang und bis zu 3 cm breit werden (Deplazes et al., 2013; Foreyt und Todd, 1976a; Kasny et al., 2012).

Jeder Egel scheidet sein Leben lang 10.000 bis 20.000 Eier / Tag aus. Über die Lebensdauer der Egel gibt es unterschiedliche Aussagen, nach Mulvey et al. (1991)  können sie bis zum Tod des Wirtes überleben (Mulvey et al., 1991). Laut Deplazes et al. (2013) oder Sattmann et al. (2014) leben sie bis zu 5 Jahre (Deplazes et al., 2013; Sattmann et al., 2014). Die Ausscheidungsdauer kann bis zu 5 Jahren gehen (Deplazes et al., 2013), selbst wenn die Egel bereits abgestorben sind.