Energiegehaltes und Qualität der Rehnahrung im Jahresverlauf in typischen bayerischen Landschaften

Im Winter haben Rehe viele Fettreserven und sind an die vorhandene Äsung bestens angepasst. Schnee verursacht daher nicht automatisch eine Notlage.

Entsprechend Art. 43 (3) 1 BayJG ist der Revierinhaber verpflichtet, in der Notzeit für angemessene Wildfütterung zu sorgen. Als Notzeit gilt ein Zeitraum, in dem der Energiebedarf von Wildpopulationen nicht durch die vorhandene natürliche Äsung oder eigene Fettreserven gedeckt werden kann. Nach Hofmann (1981) kann das bei Wildwiederkäuern nur im März und April sein, hohe Schneelagen im Januar und Februar spielen keine Rolle (König & Zannantonio 2006). Voraussetzung hierfür ist die Kenntnis des Energiebedarfes der zu betrachtenden Wildpopulation sowie auf der anderen Seite der aus der vorhandenen Äsung artspezifische Energiegewinn.

Verändert nach Hofmann (1981). Energieengpass könnte dann im März eintreten, wenn Reserven aufgebraucht wären und die Vegetation noch keine Energie liefert.

Der Energiebedarf von Rehen wurde in einer Vielzahl von Untersuchungen ermittelt. Weitere Untersuchungen beschäftigten sich sehr intensiv mit der von Rehen aufgenommenen Vegetation sowie deren qualitativen Unterschiede in verschiedenen Habitaten und Jahreszeiten. In dieser Sammlung von Forschungsaktivitäten fehlen jedoch Ansätze, die den Energiegehalt der Rehnahrung im Jahresverlauf sowie im Vergleich zwischen intensiv landwirtschaftlichen Gebieten und  Gebieten mit Wald / Wiesenstrukturen analysieren. In der Vorstudie  "Analyse der Veränderung des Energiegehaltes und Qualität der Rehnahrung im Jahresverlauf" (2012 bis 2014) wurden erste Erkenntnisse in zwei Projektgebieten, einem Waldhabitat und einem Agrarhabitat, gewonnen (König et al. 2016, Scheingraber 2018, König et al. 2020, Dahl et al. 2020, König 2021)

Ziel des Forschungsprojektes ist, die bisherigen Ergebnisse der Vorstudie zur Energie sowie Qualität der Rehäsung im Verlauf des Jahres in weiteren typisch bayerischen Landschaften zu evaluieren.

In den Projektgebieten werden Proben aus Rehpansen gewonnen und mit den Standardverfahren der Futtermittelanalysen (Weender, Van Soest und HFT) untersucht. Auf Grund der kurzen Verweildauer des Panseninhaltes beim Reh, wird mit den Pansenproben die erst kurz zuvor aufgenommen Nahrung erfasst. Vegetationsaufnahmen runden das Bild über Verfügbarkeit und Nutzung der Vegetation durch Rehe ab. 

Projektleitung: Prof. Dr. Andreas König

Projektbearbeitung: Sarah-Alica Dahl, MSc.

Das Projekt wird in enger Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsgruppe Wildbiologie und Wildtiermanagement  und dem Lehrstuhl für Tierernährung, Prof. Dr. Wilhelm Windisch, durchgeführt. 

 

Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Oberster Jagdbeirat, gefördert das Projekt. Die Projektlaufzeit umfasst den Zeitraum 1.1.2017 bis zum 31.3.2022.

Energiedichte der natürlichen Äsung im Agrar- und naturnahen Waldhabitat (König et al. 2016)

Wesentlichen Erkenntnisse aus der Vorstudie

In einem Waldhabitat sowie in einem landwirtschaftlich geprägten Habitat würden von 2001 bis 2014 über 12 Monate hinweg von 245 Rehen Pansen gesammelt. Ziel war die umsetzbare Energie und Qualität der Rehäsung anhand der tatsächlich aufgenommen Äsung im gesamten Jahresverlauf zu ermitteln. Um sich ein umfassendes Bild von der Energieversorgung der Rehe machen zu können, wurde im Rahmen eines wildbiologischen Systemansatzes Konditionsparamter der Rehe sowie ihre Anpassung an die lokale und jahreszeitlich bedingte Äsung erfasst. Weiterhin wurden Rahmenbedingungen wie Verfügbarkeit und Qualität der lokalen Vegetation beurteilt sowie das Stressniveau der Rehe als Maß für menschliche Einflüsse aufgenommen. Für die Pansen-Analysen wurden die Standardmethoden der Futtermittelanalyse verwendet.

Die Rehe wurden in beiden Untersuchungsgebieten nicht gefüttert.

Den Rehen im Agrarhabitat steht mit durchschnittliche 6,2 MJ/kg TS aufgenommener Nahrung signifikant mehr Energie zur Verfügung als den Waldrehen mit durchschnittlich 5,4 MJ/ kg TS aufgenommener Nahrung. Waldrehe kompensieren den geringeren Energiegehalt der Äsung durch höhere Äsungsmengen.

durchschnittlich aufgenommene umsetzbare Energie (ME MJ) pro Tag und Reh (König et al. 2020, König 2021)

Die Panseninhalte der Waldrehe waren vor allem im Herbst und Winter im Mittel etwa 300 g schwerer als die der Landrehe. Hierdurch nehmen Waldrehe im Jahresverlauf ebenso wie Feldrehe zwischen 8 und 11 MJ ME / Tag und Reh auf.